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Ursberg: Motorradausfahrt für Menschen mit Behinderung – ein dröhnender Lindwurm durch Mittelschwaben

Die beeindruckende Motorradausfahrt für Menschen mit Behinderung des Dominikus-Ringeisen-Werks ist nach 15 Jahren auch zu einem großen Biker-Familientreffen geworden.

Biker-Treffen gibt es viele. Einmalig hingegen dürfte das PS-starke Spektakel sein, das sich alljährlich im September in Ursberg (Kreis Günzburg) abspielt. 88 Gefährte, Trikes und Gespanne sowie Oldtimer, ein Porsche und drei Ford-Mustangs nahmen heuer an der großen Ausfahrt für Menschen mit Behinderung des Dominikus-Ringeisen-Werks teil. Die ehrenamtlichen Biker kamen aus Bayern, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz. Die beeindruckende Kolonne aus Chrom, Stahl und röhrenden Motoren setzte sich mit überglücklichen Beifahrern in Bewegung und absolvierte eine eineinhalbstündige Tour durch Mittelschwaben.

Inge Subocz-Kandziora ist von Anfang an dabei. Mit etwa 17 Gleichgesinnten hat sie 2004 zusammen mit ihrem Mann David Subocz angefangen, aus ihrem Hobby einen guten Zweck zu machen. Damals brachte das Team 20 Bewohner in Fahrt. Die Anzahl der Teilnehmer auf Fahrer- wie auf Beifahrerseite ist in den zurückliegenden 15 Jahren ständig gestiegen. Sie hat sich fast verzehnfacht. Im letzten Jahr kamen bei strahlendem Wetter um die 150 Fahrzeuge zur großen Ausfahrt – ein Rekord. Die passionierte Bikerin Subocz-Kandziora hat vor Jahren im Dominikus-Ringeisen-Werk gearbeitet und seit ihrem Wegzug die Kontakte zur Wohneinrichtung St. Florian gehalten. Zusammen mit ihrem ehemaligen Kollegen Willi Engel vom Fachdienst der Einrichtung kam sie vor eineinhalb Jahrzehnten auf die Idee, Menschen mit Behinderung ein ganz besonderes Erlebnis zu ermöglichen: Eine Ausfahrt mit dem Motorrad, einen „Tag der Freude“, wie sie es nennt. Dass diese Idee zu einem Dauerbrenner werden würde, zum vielleicht größten Biker-Treffen dieser Art in Süddeutschland, das hätte Inge, wie sie von allen genannt wird, damals nicht für möglich gehalten. „Es ist das Highlight des Jahres für unsere Bewohner“, bestätigt auch Willi Engel. Schon Stunden vor Abfahrt machen sie sich bereit für die Ausfahrt, erzählt er, suchen sich aus dem über die Jahre ständig erweiterten Biker-Bekleidungsfundus der Wohneinrichtung den passenden Overall und Helm aus und warten voller Vorfreude auf ihre Mitfahrgelegenheit.

 

Der Erfolg der Ausfahrt liegt neben dem besonderen Fahreindrücken für die Bewohner vor allem in den Beziehungen, die in den vielen Jahren zwischen Fahrern und Beifahrern entstanden sind. „Viele Freundschaften sind gewachsen. Bewohner der Einrichtung laden ihren Motorradfahrer zum Geburtstag ein oder man trifft sich auf dem Ursberger Sommerfest. Einige verbindet eine jahrelange Brieffreundschaft und sogar die gesetzliche Betreuung eines Klienten wurde bereits durch einen Biker übernommen. Es gibt Stamm-Paare, die sich jedes Jahr aufs Neue für die Tour zusammenfinden“, erzählt Subocz-Kandziora. Doch immer mehr Bewohner der Einrichtung für Menschen mit geistiger Behinderung können aus Altersgründen nicht mehr auf einem Motorrad mitfahren. „Für sie haben wir auch Oldtimer, Cabrios und Sportautos am Start“, verweist Inge Subocz-Kandziora stolz darauf, dass auch Liebhaber der vierradgetriebenen Fortbewegung ein großes Herz für Menschen mit Handicap haben.

Inge Subocz-Kandziora und ihr Organisationsteam erwarten immer mit großer Anspannung den Startschuss einer jeden Ausfahrt. Bereits jeweils im Mai wird die Strecke geplant. In der heißen Phase werden die Werksfeuerwehr des Dominikus-Ringeisen-Werks und die Streckenposten instruiert. Das Küchenteam von St. Florian sorgt für ein Frühstück und ein zünftiges Mittagessen nach der Ausfahrt. Die Truppe um Inge Subocz-Kandziora ist aber auch sonst für Menschen mit Behinderung aktiv. „Wir sammeln Helme und Kleidung für die Ursberger Bewohner“, berichtet David Subocz, „damit möglichst viele an der Ausfahrt teilnehmen können.“ Vor einigen Wochen gab es sogar eine wertvolle Helmspende der Firma Albrecht aus dem Unterallgäuer Ort Kammlach, wohin sich das wohltätige Event bereits herumgesprochen hat.

Die Motorrad-, Trike-, Gespann- und Oldi-Fahrer nehmen eine weite Anfahrt in Kauf, um an der großen Ausfahrt teilzunehmen: Sie kommen beispielsweise aus Kaiserlautern in Rheinland-Pfalz und Kronach in Oberfranken – beide Orte liegen mehr als 300 Kilometer von Ursberg entfernt –, aus Worms und Ingolstadt, Stuttgart, Schrobenhausen, München und Bad Tölz. Sogar Österreicher waren schon dabei. „Mittlerweile sind wir wie eine große Familie geworden. Man kennt sich und freut sich auf das jährliche Wiedersehen in Ursberg“, berichtet Inge Subocz-Kandziora. „Diese Ausfahrt ist für uns alle eine große Herzensangelegenheit“, fügt sie strahlend hinzu und man sieht ihr das Glück darüber an, dass auch die Jubiläumsfahrt 2019 ein voller Erfolg war.

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