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Seit 26 Jahren gibt es Frauen bei der Freiwilligen Feuerwehr Leipheim

Frauen im aktiven Dienst bei der Feuerwehr zu sehen ist zwischenzeitlich nichts ungewöhnliches mehr. Früher war dies jedoch den Männern vorbehalten. Vor fast drei Jahrzenten war es bei der Freiwilligen Feuerwehr Leipheim soweit.

Vor 26 Jahren klopfte die damals 14-jährige Antje Schmid an die Tore der Feuerwehr Leipheim mit der Bitte, aufgenommen zu werden. Was heute völlig normal ist, war damals für die meisten Feuerwehren auch im Landkreis Günzburg noch schwer denkbar. Eine Frau macht Dienst bei einer Feuerwehr. Eine Männerdomäne? Vor 26 Jahren war die Einstellung und Meinung der Gesellschaft noch eine andere. Antje wohnte damals mit ihren Eltern in Günzburg und da ihr Vater auch bei der Feuerwehr war, versuchte sie als Jugendliche in der Günzburger Wehr aufgenommen zu werden. Wie sie erzählte, war dies zu der Zeit als Frau nicht so einfach, „die wollten in Günzburg keine Frauen haben“. Als sie in Leipheim bei der Feuerwehr dann vorstellig wurde, war dies kein Problem.

Heute sind es in der Leipheimer Feuerwehr insgesamt neun Frauen, wobei die Jüngste 18 Jahre und A. Schmid mit 40 Jahren die Älteste in der Truppe ist. Sie fühlen sich alle sehr gut in der Feuerwehr integriert. Bei den Tätigkeiten, die in einer Feuerwehr zu leisten sind, berichten die Frauen und der 1. Kommandant Martin Schmitz gemeinsam, wird nicht unterschieden, ob diese nun von einer Feuerwehrfrau, oder ein Feuerwehrmann ausgeübt werden. Einzig auf den Feuerwehrschulen müssen Frauen bei Lehrgängen oftmals deutlich mehr leisten, um die gleiche Anerkennung zu erhalten, wie eine männliche Feuerwehrkraft. Ein Umstand, der sich bei hoffentlich wachsendem Frauenanteil auch irgendwann ändern wird.

Im Jahr 2020 wundert es niemanden mehr, wenn jemand Hilfe benötigt und eine Frau in Feuerwehr-Einsatzkleidung mit schwerem Rettungsgerät die Hilfe leistet, die gerade benötigt wird. Auch Frauen in Führungspositionen sind keine Seltenheit mehr. Anja Schmitz beispielsweise hat bereits den Gruppenführerlehrgang bei der Feuerwehrschule in Geretsried absolviert und wurde zur Gruppenführerin bei ihrer Feuerwehr ernannt. Es kommt also vor, dass sie bei Einsätzen auf dem Beifahrersitz, dort wo ein Gruppenführer seinen Platz hat, zum Einsatz fährt und dann der Gruppe, die aus sechs Feuerwehrmännern bestehen kann, Aufgaben zuweist. Wenn dann noch Antje Schmid am Lenkrad des Feuerwehr-Lkw als Maschinistin sitzt (sie ist nicht die einzige Feuerwehrfrau mit Lkw-Führerschein), herrscht geballte Frauenpower auf den Vordersitzen des Einsatzfahrzeuges. Was früher undenkbar gewesen wäre und in einer ersten Phase oftmals belächelt wurde, ist zum Glück heute völlig normal.

Wenn man einen Unterschied auszumachen versucht, denkt man zuallererst an die körperliche Konstitution. Natürlich sind Männer oft kräftiger, doch dies ist maximal ein Umstand, aber kein Problem.

Kommandant Schmitz freut sich über den Frauenanteil in der Wehr, der im Übrigen seit 2013, seit er als Kommandant tätig ist, gestiegen ist. Bei 52 aktiven Feuerwehrkräften (ohne Kinder- und Jugendfeuerwehr) sind neun Frauen schon eine schöne Zahl. Er macht keine Unterschiede, wie er erzählt, welche Aufgaben er wie verteilt. Er erwartet von allen, egal ob Frau oder Mann, dass die Aufgaben zum Erreichen des Einsatzerfolges mit gleicher Präzision und gleichem Eifer durchgeführt werden. Ob Frauen manche Aufgaben besser erledigen, schüttelte er zunächst verneinend den Kopf, ehe er dann doch der Meinung ist, dass Frauen, beim Umgang mit Leuten und Kindern diesen feinfühliger durchführen.

Aktuell leisten Sabrina Balkheim, Vanessa Mahmuti, Anja Schmitz, Alena Linder, Antje Schmid, Andrea Klement, Jessica Köhler, Carina Hörger und Lena Maier bei der Leipheimer Feuerwehr aktiven Dienst.

Anje Schmid Feuerwehr Leipheim
Antje Schmid. Foto: Mario Obeser

Antje Schmid ist Löschmeisterin und erlebt mit Martin Schmitz bereits den vierten Kommandanten seit ihrer Zeit bei der Jugendfeuerwehr bis heute. Sie hat u. a. den Lehrgang als Jugendwart abgelegt und leitet die Kinderfeuerwehr in Leipheim. Ihr Vater war damals bei der Feuerwehr und sie war das „Däfele-Mädle“, also das Mädchen, welches bei Umzügen das Schild „Freiwillige Feuerwehr Leipheim“ tragen durfte. Beides weckte in ihr den Wunsch, auch zur Feuerwehr zu gehen. 1994, bei einem Tag der offenen Tür bei der Feuerwehr Leipheim, nutzte sie die Gelegenheit und trat in die Jugend ein. Ihre Leidenschaft ist die Kinderfeuerwehr, die derzeit aus 13 Jungen und einem Mädchen besteht.

Sabrina Balkheimer Feuerwehr Leipheim
Sabrina Balkheimer. Foto: Mario Obeser

Sabrina Balkheimer ist 34 Jahre alt und ist 2012 in die Feuerwehr Riedheim eingetreten. Seit vier Jahren ist sie nun bei der Feuerwehr Leipheim und fühlt sich gut aufgehoben. Sie hat bereits einige Leitungsabzeichen abgelegt und ist, wie fast alle ihrer Kameradinnen, auch Atemschutzgeräteträger. Ihren ersten Kontakt mit Feuer hatte sie im vergangenen Jahr bei einer Ausbildung in einem Brandcontainer, was sie als sehr aufregend bezeichnete. Sie kam zur Feuerwehr, weil ihr Mann bei der Riedheimer Wehr Kommandant war und sie dadurch einiges mitbekam. In der Familie greift der „Feuerwehr-Virus“ weiter um sich, denn auch ihre 9-jährige Tochter und ihr 10-jähriger Sohn sind bei der Kinderfeuerwehr Leipheim. Sie schätzt das Team in Leipheim, das Miteinander.

Andrea Klement Feuerwehr Leipheim
Andrea Klement. Foto: Mario Obeser

Die 29-jährige Feuerwehrfrau Andrea Klement ist vor drei Jahren in die Feuerwehr Riedheim eingetreten und seit zwei Monaten in Leipheim aktiv. Sie hat bereits den Truppmann-Lehrgang abgelegt und hätte gerne bereits den Truppführer-Lehrgang begonnen, doch dann kam Corona dazwischen. Ihr Freund ist privat und beruflich bei Feuerwehren tätig. Sie selbst konnte sich früher nicht vorstellen, auch zur Feuerwehr zu gehen. Ein schlimmer Brand in Riedheim war für sie mit die Initialzündung doch den Schritt zu gehen. Ihr Vater war bei der Feuerwehr Burlafingen und zunächst nicht so begeistert von ihrem Vorhaben, ist aber zwischenzeitlich stolz auf sie, wie sie berichtet. Sie benötige vor 8 Jahren selbst mal die Feuerwehr, als ihr ein Pkw mit Wucht auffuhr und war froh über die Hilfe damals.

Anja Schmitz Feuerwehr Leipheim
Anja Schmitz. Foto: Mario Obeser

Anja Schmitz ist seit 2003 bei der Feuerwehr und die Ehefrau des 1. Kommandanten. Die 31-Jährige ist mit 14 in die Jugendfeuerwehr eingetreten und nach mehreren Ausbildungen und Lehrgängen ernannte Gruppenführerin und Löschmeisterin. Sie schätzt die Kameradschaft in der Feuerwehr und den Zusammenhalt, aus der auch Freundschaften entstanden sind. Sie kann im Einsatz besser mit Feuerwehrmännern zusammenarbeiten. Warum dies so ist weiß sie nicht so genau, vermutet aber, dass sie von Beginn an fast nur mit Männern im Einsatz auf einem Fahrzeug war und es deshalb so ist. Als Jugendwart leitet sie die Jugendfeuerwehr. Schade findet sie den Umstand, dass etwa 75 Prozent der Jugendlichen vor dem Übertritt in den aktiven Feuerwehrdienst sich anders orientieren und der Feuerwehr aus verschiedensten Gründen den Rücken kehren. Wenn sie  im Einsatz eine Einsatzkraft erlebt, welche bei ihr zuvor in der Jugendfeuerwehr war, erfüllt es sie schon mit Stolz, dass sie entsprechendes Wissen vermitteln konnte.

Als ein einschneidenstes Erlebnis ist ihr ein folgenschwerer Geisterfahrerunfall auf der A8 bei Leipheim, der sich im November 2017 ereignete. Als sie davon erzählt merkte man ihr an, dass sie das Erlebte noch sehr präsent in Erinnerung hat. Hier waren zwei Pkws beteiligt, bei dem ein Fahrer sofort tot war und der andere Pkw-Lenker schwer eingeklemmt gerettet werden musste. Mit dem Tod selbst hat die gelernte Krankenschwester gelernt umzugehen, es war die Gesamtsituation, welche ihr damals zu schaffen machte.

Ihr gefällt es als Gruppenführerin Verantwortung zu übernehmen. Das wichtigste Ziel neben dem Einsatzerfolg ist ihr, dass alle wieder gesund vom Einsatz zurückkehren. Neben dem Einsatzerfolg freut sie sich über die Dankbarkeit der Geretteten, oder der Angehörigen der betroffenen Personen. Ihr fällt dabei auf, dass oft die, die großes Leid erfahren mussten, die größte Dankbarkeit zeigen.

Alena Lindner Feuerwehr Leipheim
Alena Linder. Foto: Mario Obeser

Alena Linder ist 18-Jahre jung und noch ganz frisch bei der Feuerwehr. Sie ist seit etwa einem Monat dabei. Ihr Bruder war bei der Feuerwehr, ist aber seit einigen Monaten nicht mehr aktiv. Der Wunsch zur Feuerwehr zu gehen loderte bereits seit Jahren in ihr, doch jetzt sah sie den richtigen Zeitpunkt gekommen um mitzumachen. Mehrere aus ihrer Verwandtschaft sind bzw. waren bei der Feuerwehr in Leipheim und erzählten öfters von schlimmen Einsätzen, doch dies hielt sie nicht davon ab nun selbst dazu zu gehen. Das sie nun aktiv anderen helfen kann freut sie besonders. Sie fiebert nun den Ausbildungen und Lehrgänge entgegen, die nun anstehen und kann es kaum erwarten, richtig einzusteigen. Sie hatte anfangs Bedenken, ob die gut aufgenommen wird, doch diese Zweifel wurden ihr vom ersten Moment an genommen.

Vanessa Mahmuti Feuerwehr Leipheim
Vanessa Mahmuti. Foto: Mario Obeser

Die zierliche 22-jährige Vanessa Mahmuti ist seit fast drei Jahren bei der Werksfeuerwehr der Firma Reinz in Pfuhl und in Leipheim nun seit rund 2 Jahren dabei. Die Feuerwehrfrau hat die Modulare Truppausbildung und den Atemschutzlehrgang bereits absolviert. Ihr Arbeitskollege war der Auslöser für sie, zur Feuerwehr zu gehen. „Das man mit so wenig sogar Menschenleben retten und anderen helfen kann“, macht für sie die Feuerwehr so besonders. Mit so wenig meint sie, dass sie nur Zeit benötigt für Übungen und Lehrgänge und damit dann Gutes tun kann. Das Gesellige und die Kameradschaft sieht sie auch als gut und wichtig an, doch das Helfen steht bei ihr klar im Vordergrund. Sie kann sich als Kind an einen Unfall bei Unterbleichen erinnern, wo in das Fahrzeug, mit dem sie und ihre Eltern unterwegs waren, ein Motorradfahrer frontal kollidierte. Ihre Mutter musste damals aus dem Auto befreit werden. Dies war für sie ein Erlebnis, dessen Bilder sie heute noch vor Augen hat. Sie war bisher noch bei keinem richtig schlimmen Einsatz dabei, doch der Tag wird sicher kommen. Sie macht sich bereits Gedanken, wie sie diesen dann wohl erleben und verkraften wird.

Terminlich verhindert waren bei unserem Besuch im Feuerwehrhaus in Leipheim Jessica Köhler, Carina Hörger und Lena Maier.

Frauen sind bei der Feuerwehr nicht wertvoller als Männer, aber gleichwertig und damit ebenso wichtig. Jeder sollte sich fragen, ob er nicht etwas von seiner Zeit investieren kann und möchte, um anderen zu helfen. Die örtlichen Feuerwehren freuen sich über jedes neue Mitglied, egal ob Mädchen oder Junge, bzw. Frau oder Mann. Gleiches gilt natürlich auch für das Technische Hilfswerk und allen Bereichen der Rettungs- und Sanitätsdienste.

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