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Zahl der Kontoabfragen durch Behörden deutlich gestiegen

Steuerbehörden, Sozialämter und Gerichtsvollzieher prüfen im Kampf gegen Steuerbetrug und Sozialmissbrauch so oft wie nie die Konten von Privatpersonen.
Im ersten Halbjahr 2017 seien beim zuständigen Bundeszentralamt für Steuern 340.265 Abfragen eingegangen, berichtet die „Welt am Sonntag“. Das ist ein Plus von 83 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2016. Damit sei zur Jahresmitte schon fast der Rekordwert des Vorjahres erreicht, heißt es weiter.

Damals habe es innerhalb von zwölf Monaten 358.228 Abfragen gegeben. Die Zeitung beruft sich auf Angaben des Bundesfinanzministeriums. Von den im ersten Halbjahr abgefragten Konten dienten 89.134 der Abrufe steuerlichen Zwecken.

Das ist ein Plus von 69 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr 2016. Noch stärker erhöhten sich die Anfragen der Sozialbehörden und Gerichtsvollzieher. Die Zahl der erledigten Fälle stieg hier um 89 Prozent auf 251.131. Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff sieht die um sich greifende Neugier der Ämter kritisch. „Das Kontenabrufverfahren ist ein hervorragendes Beispiel für das sogenannte `Honigtopfprinzip`: Einmal erteilte hoheitliche Zugriffsbefugnisse auf personenbezogene Daten werden auf einen immer weiteren Kreis von Zugriffsberechtigten ausgedehnt“, sagte sie der „Welt am Sonntag“.

Gleichzeitig entferne sich die Verwendung der abgefragten Daten von dem eigentlichen Zweck, für den der Zugriff eigentlich eingerichtet wurde. So habe sich der Kontoabruf weit entfernt von der ursprünglichen Idee der Terrorismusbekämpfung. Inzwischen gehe es vor allem darum, das zivilrechtliche Inkasso zu erleichtern.

Thomas Eigenthaler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuergewerkschaft, verteidigte das Instrument der Kontoabfragen. „Die steigende Tendenz zeigt doch, dass dies ein sinnvolles Mittel ist – sonst würde es nicht verstärkt eingesetzt“, sagte er der Zeitung. Für die Zukunft geht er davon aus, dass die Mitarbeiter in der Finanzverwaltung noch häufiger solche Abfragen starten werden. Dabei verwies Eigenthaler auf die niedrigeren Hürden für solche Auskunftsersuchen, die im Rahmen des Steuerumgehungsbekämpfungsgesetzes festgeschrieben wurden. „Es wird leichter, die Auskünfte zu bekommen“, sagte Eigenthaler der Zeitung. Unter anderem sind die Steuerbehörden ab dem 1. Januar 2018 nicht mehr gezwungen, den Steuerbürger im Vorfeld auf die Möglichkeit des Kontenabrufs hinzuweisen. Auch Sammelanfragen, bei denen sich die Behörden nach Konten einer Gruppe von Kunden erkundigen können, sind dann einfacher. Doch nicht nur von Seiten der Steuerbehörden wird mit einer weiter steigenden Nachfrage nach Kontodaten gerechnet, sondern auch von Gerichtsvollziehern, wie die Zeitung schreibt. „Gläubiger haben gelernt, dass dies ein vielversprechender Weg ist, um doch noch an Geld zu kommen“, sagte Detlef Hüermann, Bundesgeschäftsführer des Verbandes Deutscher Gerichtsvollzieher, der Zeitung. Zumal Gläubiger seit November des vergangenen Jahres auch für Beträge unter 500 Euro einen Kontoabruf beantragen könnten. „Alleine die gefallene 500-Euro-Hürde wird dazu führen, dass die Abrufzahlen von Gerichtsvollziehern in diesem und im nächsten Jahr noch einmal deutlich steigen werden“, sagte Hüermann. Seit 2005 dürfen Behörden Konten von Bürgern ermitteln, seit 2013 gilt dies auch für Gerichtsvollzieher. Die Stellen erfahren weder Kontostände noch Kontobewegungen. Ihnen wird die Existenz von Konten mitgeteilt, wann sie eingerichtet und gegebenenfalls gelöscht wurden, daneben Name und Geburtsdatum des Bürgers. In Zukunft müssen die Banken zudem Adresse und Steueridentifikationsnummer in einer Datenbank hinterlegen, von der aus die Informationen dann ohne Kenntnis der Bank des Kunden über das Bundeszentralamt für Steuern abgerufen werden können. (Text und Foto: dts Nachrichtenagentur)

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