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Tajani: EU benötigt doppelt so viel Geld wie heute

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hat eine Verdoppelung des Haushalts der Europäischen Union gefordert. Er stößt dabei auf Ablehnung, aber auch auf offene Ohren.
„Wir benötigen doppelt so viel Geld wie heute, also 280 Milliarden Euro statt 140 Milliarden Euro pro Jahr“, sagte Tajani den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Das vergrößerte EU-Budget solle nicht durch zusätzliche Überweisungen aus den Mitgliedsstaaten, sondern durch die Einführung von Steuern finanziert werden.

„Hierfür braucht es neue EU-Eigenmittel, wie etwa eine Finanz-Transaktionssteuer auf Börsengeschäfte“, so Tajani. Derzeit führen die EU-Staaten knapp ein Prozent ihrer Wirtschaftsleistung nach Brüssel ab. Der EU-Parlamentspräsident begründete seinen Vorstoß mit den Kosten für die Bewältigung der Flüchtlingskrise und den Anti-Terror-Kampf sowie den erhöhten Bedarf an Investitionen.

„Die Europäer müssen künftig verstärkt in Energie sowie die Digitalisierung der Wirtschaft investieren.“ Nur so könne die EU im weltweiten Wettbewerb mit den USA, China, Indien oder Russland mithalten. „Für den nächsten EU-Haushalt ab 2021 sollten wir Schlüsselziele definieren und dann die bedeutendsten Ausgabenposten festlegen: Das wären die Kontrolle der Einwanderung, der Kampf gegen den Terror und Maßnahmen zur Ankurbelung des Wirtschaftswachstums in Europa“, sagte Tajani.

Die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich müsse dringend vorangetrieben werden. Dies umfasse auch die Förderung der führenden Unternehmen in dieser Industrie. Darüber hinaus verlangte Tajani einen „Marshall-Plan“ für Afrika: „Wir müssen auf jeden Fall einen Exodus aus Afrika verhindern.“

Im nächsten EU-Haushalt ab 2021 sollten mindestens 40 Milliarden Euro über einen Zeitraum von sieben Jahren in den Nachbarkontinent fließen. Es gehe um die „Schaffung von Stabilität und Frieden“. Das Geld solle vor allem in Landwirtschaft, Wirtschaftswachstum, Infrastruktur sowie kleine und mittlere Unternehmen in Afrika gesteckt werden. „Wir brauchen eine ökonomische Diplomatie, um das Bildungswesen dort zu verbessern.“

Grüne offen für Tajani-Vorschlag zur Aufstockung des EU-Haushalts

Der Vorschlag von EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani, den EU-Haushalt mit Hilfe der Einnahmen aus einer Steuer auf Finanzgeschäfte kräftig aufzustocken, ist bei den Grünen auf Wohlwollen gestoßen. „Es ist gut, dass Tajani die Finanztransaktionssteuer wieder auf die Agenda setzt. Wenn wir mehr europäische Investitionen wollen, brauchen wir auch europäische Einnahmen“, sagte der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Dienstagsausgabe).

Auch alle Jamaika-Sondierer müssten eingestehen: „Wer Investitionen der EU will, muss auch sagen, woher das Geld dafür kommen soll. Umschichtungen im Haushalt weg von der Agrarpolitik sind sinnvoll, werden aber realistisch gesehen, nicht genügen“, sagte der Finanzexperte der Grünen. „Europäische Handlungsfähigkeit gibt es nicht ohne finanzielle Ausstattung. Eine Finanztransaktionssteuer ist ein gesellschaftlich faires Instrument, um gemeinsame Investitionen zu finanzieren. Keine Steuer hat einen so geringen Steuersatz, aber eine so große Wirkung.“ Mit den Einnahmen könnte Europa in den sozialen Zusammenhalt, digitale Infrastruktur und die ökologische Modernisierung investieren.

Union im Europaparlament lehnt Verdoppelung des EU-Haushalts ab

Der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe im EU-Parlament, Daniel Caspary (CDU), hält die Forderung nach einer Verdopplung des EU-Haushalts für abwegig. „Dieser Tagtraum des Herrn Tajani wäre der Albtraum für die meisten von uns Deutschen“, sagte Caspary der „Welt“ (Dienstagsausgabe). Die Forderung sei „absolut unverhältnismäßig und aus der Zeit gefallen“.

Zuvor hatte Parlamentspräsident Antonio Tajani, EVP-Fraktionskollege von Caspary und Mitglied der Berlusconi-Partei Forza Italia, einen mit 280 Milliarden Euro ausgestatteten EU-Haushalt verlangt, was einer Verdopplung des heutigen Volumens entspräche. Caspary sieht zwar ebenfalls die Notwendigkeit, über eine bessere finanzielle Ausstattung zu reden, „wenn der EU immer mehr Aufgaben aufgebürdet werden“. Aber seiner Ansicht nach gibt es „modernere Ansätze“, um Europa krisenfest zu machen.

„Wenn EU-Mitglieder wie Italien ihre Hausaufgaben in Sachen Arbeitsmarkt, Sozialreformen, Bankenaltlasten etc. machen würden, dann würde die Gefahr sinken, dass Spekulanten ihren Spieltrieb entdecken und neue Krisen auslösen“, so Caspary. Dringend notwendig sei, am Nichtverschuldungsgebot festzuhalten.

FDP-Chef lehnt eigene EU-Steuer ab

FDP-Chef Christian Lindner hat die Vorschläge des Präsidenten des Europäischen Parlaments, Antonio Tajani, für eine Verdoppelung des EU-Etats und eigenständige EU-Finanzmittel abgelehnt. „Die EU ist kein Staat, sondern ein Staatenverbund“, sagte Lindner der „Rheinischen Post“ (Dienstagsausgabe). „Wir wollen deshalb daran festhalten, dass der Haushalt durch Beiträge der Mitgliedstaaten finanziert wird.“

Nur so behalte man „die demokratisch notwendige Kontrolle“, sagte Lindner. (dts Nachrichtenagentur)

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