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GroKo-Sondierung beendet: Empfehlung für Koalitionsverhandlungen

Die Sondierer von CDU, CSU und SPD haben sich nach einem mehr als 24-stündigen Verhandlungsmarathon darauf geeinigt, ihren Parteien die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen für eine Große Koalition zu empfehlen. Das sagte SPD-Chef Martin Schulz am Freitagmorgen in Berlin. 

Wagenknecht wirft Union und SPD „soziale Ungerechtigkeit“ vor

Linksfraktionschefin Sahra Wagenknecht hat die Ergebnisse der Sondierungen von CDU, CSU und SPD scharf kritisiert. „Angeblich wollen CDU/CSU und SPD eine stabile Regierung bilden. Das Einzige, was sie mit ihren Vereinbarungen stabilisieren, ist die krasse soziale Ungerechtigkeit in diesem Land“, sagte Wagenknecht am Freitag. „Es soll also alles so weitergehen: Niedriglöhne, unsichere Jobs, Altersarmut. Und auf der Gegenseite: sprudelnde Dividenden und wachsende Millionärsvermögen.“ Die SPD habe nicht mal eine Anhebung des Spitzensteuersatzes durchsetzen können. Auf Twitter schrieb die Linksfraktionschefin: „Wenn die SPD unter diesen Bedingungen in eine neue GroKo geht, ist ihr nicht mehr zu helfen.“

Linken-Chef Riexinger nennt Sondierungsergebnis „schwach“

Linken-Chef Bernd Riexinger hat den Sondierern von Union und SPD vorgeworfen, eine Große Koalition mit kleinem Anspruch zu planen. „Gemischtwarenladen statt großer Wurf: Das Ergebnis der Gespräche ist schwach“, sagte er am Freitag der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Laut des 28-seitigen Papiers von Union und SPD werde es vor allem „kleinere Reparaturen“ geben. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) habe der SPD einige sozialpolitische Zugeständnisse gemacht, doch diese griffen viel zu kurz. „Die grundlegenden gesellschaftlichen Probleme wie Kinder- und Altersarmut, prekäre Beschäftigung, Wohnungsnot und die Finanzierung der öffentlichen Daseinsvorsorge werden so sicher nicht gelöst“, so Riexinger.

Lindner: Union und SPD „schütten Widersprüche mit Geld zu“

FDP-Chef Christian Lindner hat das Ergebnis der Sondierungen von Union und SPD als Fortschreibung des Status Quo bezeichnet. Nach wie vor würden „die Menschen besänftigt und Widersprüche mit Geld zugeschüttet“, statt Richtungsentscheidungen zu treffen, sagte Lindner dem „Tagesspiegel“ (Sonntagsausgabe). Zwar wiesen die am Freitag beschlossenen Papiere von Union und SPD „weniger innere Zerrissenheit auf als bei Jamaika“, weshalb die Beschlüsse „besser als befürchtet sind“.

Zur Gestaltung der Zukunft seien sie jedoch „zu wenig“. Lindner erkennt darin „eindeutig die Fortsetzung der Methode Merkel“. Er fühle sich „bestätigt darin, dass unsere Entscheidung von November richtig war, die Jamaika-Verhandlungen zu beenden“.

Die Beschlüsse von Union und SPD zur Mitfinanzierung des Bundes für die Schulen bezeichnete Lindner als „Millimeterbewegung“ im Vergleich dazu, welchen Reformbedarf es im Bildungsföderalismus gebe. Die geplante Reglung zum Familiennachzug für subsidiär geschützte Flüchtlinge begrüßte Lindner und bezeichnete sie als eine „Regelung, die in etwa unseren Vorschlägen entspricht“. Heftige Kritik äußerte der FDP-Vorsitzende an den Plänen zum Abbau des Solidaritätszuschlages.

Angesichts des „enormen Haushaltsüberschusses“ des Bundes sei die Entlastung der Bürger um zehn Milliarden Euro „ein schlechter Witz“.

Beer: Sondierungsergebnisse sind „Förderprogramm für Ränder“

FDP-Generalsekretärin Nicola Beer sieht in den bisher erzielten Verhandlungsergebnissen von Union und SPD die Gefahr, dass sie zu mehr Zulauf bei den links- und rechtsextremen Gruppen führen. „Die nicht mehr ganz so große GroKo macht dort weiter, wo die alte aufgehört hat“, sagte Beer am Freitag dem „Handelsblatt“. Sie habe keine Ideen und keine Visionen.

„Nicht mal ein zukunftsfähiger Pragmatismus. Keine wirkliche Entlastung bei Steuern und Abgaben, Soli-Versprechen 2019 gebrochen.“ Stattdessen werde immer mehr Geld ausgegeben – auch nach Europa, ohne zu sagen wofür, so Beer. „Das ist ein Förderprogramm für die Ränder rechts und links.“

Chef der ostdeutschen SPD-Abgeordneten begrüßt Einigung mit Union

Stefan Zierke, Vorsitzender der Landesgruppe Ost der SPD im Bundestag, hat die Einigung von CDU/CSU und SPD nach dem Abschluss der Sondierungen begrüßt. „Das ist ein gut ausgehandeltes Papier und eine gute Ausgangslage für mögliche Koalitionsgespräche. Für Ostdeutschland konnte wir eine Menge unserer Forderungen umsetzen“, sagte Zierke der „Welt“ (Online-Ausgabe).

Dazu zählt er die Grundrente und den öffentlich geförderten Arbeitsmarkt. Das komme besonders den Menschen zugute, die es nach Wende schwer hatten, Fuß zu fassen. Auch profitierten Familien, etwa durch den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung im Grundschulalter.

Entlastung gebe es zudem für Arbeitnehmer. „Besonders wichtig ist auch die Parität bei den Beiträgen für die Krankenversicherung. Im Osten haben wir viele Arbeitnehmer, die nicht viel Steuern zahlen, die nun aber entlastet werden, weil sie weniger Abgaben zahlen“, sagte Zierke.

Zierke lobte auch die Sondierungsergebnisse beim Thema Zuwanderung. „Die Einigung zur Migrationspolitik begrüße ich ebenfalls. Nun ordnet man, was in den letzten Jahren nicht so gut gelaufen ist, und bessert nach, wo etwas versäumt worden ist“, sagte der Chef der Landesgruppe Ost.

Ernüchtert äußerte sich der Bundestagsabgeordnete aus Brandenburg zum Thema Steuerpolitik: „Es ist schade, dass wir uns mit der Erhöhung des Spitzensteuersatzes nicht durchsetzen konnte.“ In der Landesgruppe Ost der SPD sammeln sich die 21 Abgeordneten aus den ostdeutschen Bundesländern. Sie ist nach der NRW-Landesgruppe die zweitgrößte Landesgruppe der SPD-Bundestagsfraktion.

Nahles: Modernisierungsumlage wichtigster Streitpunkt

Die Modernisierungsumlage war bei den Sondierungsverhandlungen offenbar einer der wichtigsten Streitpunkte. Darum wurde „am härtesten gerungen“, sagte SPD-Fraktionschefin Andrea Nahles am Freitagnachmittag. „Modernisierungsumlagen sollen nicht zu unverhältnismäßigen Mieterhöhungen führen. Wir werden die Modernisierungsumlage mit Blick auf die gesunkenen Zinsen absenken und an den Zinsverlauf anpassen“, heißt es in dem 28-seitigen Sondierungspapier. In der SPD-Fraktion habe es eine „breite Zustimmung“ und Applaus für das Sondierungsergebnis gegeben, eine förmliche Abstimmung sei jedoch nicht erfolgt.

(dts Nachrichtenagentur)

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