Deutschland & Welt

Debatte um Maskenpflicht voll entbrannt


Foto: Hinweis auf Maskenpflicht, über dts Nachrichtenagentur

Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Angesichts in Rekordtempo zurückgehender Corona-Neuinfektionszahlen nimmt die Debatte um eine Aufhebung der Maskenpflicht Fahrt auf. „In Außenbereichen kann eine Maskenpflicht eigentlich sofort wegfallen“, sagte der Präsident der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, der „Rheinischen Post“ (Dienstagausgabe).

„Mal abgesehen davon, dass der Sinn dieser Maßnahme schon immer zu hinterfragen war, fehlt mittlerweile dafür nun wirklich jegliche medizinische oder juristische Grundlage“, so Gassen. „Auch für Innenbereiche wird die Maskenpflicht sehr bald entfallen können – wenn alle, die sich in Innenräumen aufhalten, entweder geimpft, getestet oder genesen sind“, sagte er. „Dann ist das Tragen einer Maske unnötig. Eine Maske macht in Innenräumen nur noch da Sinn, wo es zu Kontakten auf engem Raum von vielen Menschen kommt und unklar ist, ob jeder geimpft, getestet oder genesen ist. Bei einem weiteren Absinken der Infektionszahlen kann die Maskenpflicht aber sehr bald überall entfallen“, sagte der KBV-Chef.

Einen Schritt weiter ging die AfD-Bundestagsfraktion und forderte eine Abschaffung der Maskenpflicht bundesweit und überall. Diese sei ein „völlig unverhältnismäßiger Eingriff in die Grundrechte“, sagte Vize-Fraktionschef Sebastian Münzenmaier der „Welt“. „Daher muss jetzt schnell gehandelt und die Maskenpflicht deutschlandweit aufgehoben werden. Was wir nicht brauchen, sind endlose Diskussionen und einen regionalen Flickenteppich.“

Für die Linke forderte Fraktionschef Dietmar Bartsch hingegen nur eine Aufhebung der Maskenpflicht an Schulen im kommenden Schuljahr. „Schüler wurden in der Krise sträflich im Stich gelassen, bei ihnen muss bei den Lockerungen Priorität liegen“, sagte Bartsch der „Welt“. „Je jünger die Kinder, desto zügiger sollte die Maske aus dem Alltag verschwinden. Das neue Schuljahr muss eines ohne Masken werden. Grundschüler sollten überhaupt keine Maske tragen müssen.“

Die Pflicht zur Maske sollte allerdings nicht überall zeitgleich fallen, sondern schrittweise, so Bartsch weiter. „Wo viele Menschen, ohne Test und ohne Impfnachweis aufeinandertreffen, sollten wir mit Lockerungen sehr behutsam umgehen.“

Der Generalsekretär der Bundesschülerkonferenz, Dario Schramm, sagte der „Welt“: „Gerade jetzt, wo es auf die heißen Sommermonate zugeht, sind Masken zunehmend ein vermeidbares Übel im täglichen Corona-Alltag.“ Eine mahnende Stimme kam von Uwe Gerecke, Präsidiumsmitglied im Verband der deutschen Betriebs- und Werksärzte. „Ich wünsche mir, dass wir noch weiter die Kraft haben, auch die Masken zu tragen, vor allen Dingen dort, wo wir uns nahe sind, in engen Situationen am Arbeitsplatz, im öffentlichen Nahverkehr und dort, wo Menschen eng miteinander zusammen sind, ohne ausreichende Lüftung, ohne im Freien zu sein“, sagte Gerecke RTL/ntv. Gerade über den Winter habe sich gezeigt, wie wichtig der Mund- und Nasenschutz zur Eindämmung des Virus sei.

Auch vollständig Geimpften rät er beispielsweise am Arbeitsplatz zu einer Maske. „Wir wissen, dass die Impfung schützt, dass es eine sehr gute Impfung ist, aber auch zweimal Geimpfte können den Virus noch in sich tragen, können ihn weitertragen und können möglicherweise immunsensible, also Menschen, die eine nicht so starke Immunabwehr haben, noch infizieren. Und solange nicht ausreichende Erfahrungen hier vorliegen ist es sicherlich besser, wenn auch diese Menschen weiterhin einen Mundschutz tragen und den Abstand- und die Hygieneregeln einhalten.“ Der Präsident des Nordrhein-Westfälischen Lehrerverbands, Andreas Bartsch, sagte der „Rheinischen Post“ (Montag): „Ich bin skeptisch und halte den Vorstoß aus der Bundespolitik für völlig unverantwortlich. Hoffentlich kommt niemand hier in NRW auf die Idee, dass man noch für die letzten drei Wochen vor den Ferien die Maskenpflicht an den Schulen abschafft.“

Das Tragen der Masken sei gelernt und akzeptiert. Bislang seien schätzungsweise gerade einmal rund 45 Prozent der Lehrer in NRW erstgeimpft, 15 bis 20 Prozent hätten den vollständigen Impfschutz. „Damit ist klar, dass wir eine vollständige Impfung in den Kollegien erst im Herbst bekommen werden“, sagte Bartsch. „Zeitgleich gibt es die untragbare Entscheidung der Ständigen Impfkommission, die eine grundsätzliche Freigabe des Impfstoffs für Kinder ablehnt. Vor allem halte ich angesichts der guten Datenlage aus den USA den Verweis auf fehlende Daten hierzulande für eine Schutzbehauptung.“ Der Lehrervertreter forderte, Ziel müsse die Gewährleistung des Infektionsschutzes für Schüler und Lehrer sein, um auch nach den Sommerferien ab August im Präsenzunterricht weiterzumachen. „Dazu zählt meines Erachtens das Aufrechterhalten der Testinfrastruktur sowie das Maskentragen. Wir müssen uns doch klarmachen, dass 30 bis 32 Kinder ohne Abstand in einem geschlossenen Raum über längere Zeit nebeneinandersitzen.“

Skeptisch zeigte sich Bartsch auch mit Blick auf den Herbst: „Pneumologen und Virologen gehen doch jetzt schon davon aus, dass eine vierte Welle mit den Reiserückkehrern, den schlechteren Wetterbedingungen und möglicherweise mit einer Mutante auf uns zurollt. Deshalb sollte man nun keine neue Systematisierung bei den Masken schaffen.“ Niemand könne ein Interesse daran haben, dass man ab dem Herbst wieder zurück in den Wechselunterricht müsse. „Ich habe große Befürchtungen, weil Frau Gebauer ja Parteifreundin von Herrn Kubicki ist, dass da jetzt möglicherweise ein unverantwortlicher Öffnungsdruck entsteht. Ich rate allen Beteiligten zu Besonnenheit“, sagte Bartsch der „Rheinischen Post“. Die Bundesregierung hatte sich am Montag betreffend einer möglichen Aufhebung der Maskenpflicht zurückhaltend gezeigt. „Wir mahnen zur Vorsicht, nicht zu schnell zu lockern“, sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Martina Fietz am Montag. Man dürfe mögliche Gefahr durch weitere Mutationen des Virus nicht aus dem Blick verlieren. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte sich in einem Zeitungsinterview für ein Ende der Maskenpflicht ausgesprochen und von einem „gestuften“ Vorgehen gesprochen. Zuerst solle die Maskenpflicht draußen entfallen.

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