Pflegedienste warnen vor fehlender Finanzierung von Tariflöhnen
Foto: Seniorin im Rollstuhl, über dts Nachrichtenagentur
Berlin (dts Nachrichtenagentur) – Kurz vor Inkrafttreten der sogenannten Tariftreueregelung warnen private Pflegedienste vor einer ungenügenden Refinanzierung und möglichen Geschäftsaufgaben. Die Lohnerhöhungen würden „gerade für kleine Betriebe extrem herausfordernd“, sagte Bernd Tews, Geschäftsführer des Bundesverbands privater Anbieter sozialer Dienste (BPA), dem „Spiegel“.
Jasmin Arbabian-Vogel, Geschäftsführerin eines interkulturellen Pflegedienstes in Hannover und Präsidentin des Verbands deutscher Unternehmerinnen, sagte unterdessen, dass sie einige Unternehmen kenne, die auf der Suche nach Käufern seien oder sagten: „Wir liquidieren“. Torsten Wendt, Geschäftsführer eines Pflegedienstes in Kiel und Mitglied der Interessengemeinschaft ambulante Pflege, sagte, dass die Auswahl von Klienten nach Wirtschaftlichkeit in der Branche „mit Sicherheit“ zunehmen werde. „Nicht wenige Patienten werden hier auf der Strecke bleiben.“ Ab 1. September werden Pflegeanbieter von den Kassen nur noch für ihre Leistungen entlohnt, wenn sie Mitarbeiter nach einem Tarifvertrag bezahlen oder sich daran anlehnen.
Über die Refinanzierung verhandelten viele Unternehmen jedoch noch kurz vor Fristende mit den Pflegekassen. Diese wiesen die Vorwürfe über den Bundesverband der AOK als „nicht nachvollziehbar“ zurück. Da sich viele Einrichtungen und ihre Verbände immer noch nicht auf ein Tarifniveau festgelegt hätten, fehle es „bisher oft an einer Verhandlungsgrundlage für eine Refinanzierung eventueller Kostensteigerungen“. Für Unmut sorgt auch, dass verschiedene Anbieter für die gleichen Leistungen offenbar weiterhin unterschiedliche Punktwerte erhalten sollen.
So berichtet der „Spiegel“ über ein Angebot an einen privaten Pflegedienst, laut dem dieser bei Anlehnung an die Löhne der Caritas dennoch gut fünf Euro weniger für eine sogenannte Ganzwaschung erhalten würde als der örtliche Caritas-Dienst. Die Kassen begründen die Ungleichbehandlung damit, dass Träger wie Caritas über ihre Verträge auch Leistungen wie die Altersvorsorge regeln. Im Gegensatz zu anderen Beteiligten zeigte sich das Bundesgesundheitsministerium optimistisch, dass die Tariftreuregelung bis Anfang September umgesetzt werden kann. In Gesprächen mit der Pflegeselbstverwaltung habe man „positive Signale“ erhalten, dass es in den Ländern „bereits sehr konzentrierte und konstruktive Bemühungen“ gebe.
„Wir gehen daher davon aus, dass sich flächendeckend Kostenträger und Leistungserbringer schnellstmöglich auf tragfähige Einigungen verständigen, um die gesetzlichen Voraussetzungen einzuhalten.“