Stasi-Beauftragter solidarisiert sich mit Gefangenen in der Türkei
Der Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen, Roland Jahn, hat sich mit den politischen Gefangenen in der Türkei solidarisiert und vor dem Hintergrund der DDR-Erfahrungen für eine Mischung aus Standfestigkeit und Dialogbereitschaft gegenüber der türkischen Regierung plädiert. „Die Frage, wie man mit Diktaturen umgeht, stellt sich jederzeit – es geht darum, die Menschenrechte hoch zu halten und den einzelnen zu helfen“, sagte Jahn der „Berliner Zeitung“ (Montagsausgabe). „Und der Blick in die Vergangenheit schärft durchaus die Sinne für die Gegenwart. Für mich haben die Erfahrungen mit der DDR gezeigt, dass es kein Entweder-Oder geben sollte. Mit Extrempositionen verbaut man sich alle Möglichkeiten. Hier ist Flexibilität angesagt. Aber man muss bei sich bleiben und darf Grundsätze nicht aufgeben. Dazu zählt die Einhaltung der Menschenrechte.“ Beispielsweise habe die Grünen-Politikerin Petra Kelly den Staatsratsvorsitzenden Erich Honecker in Ost-Berlin besucht, dort aber auf Menschenverletzungen hingewiesen; umgekehrt habe der damalige Kanzler Helmut Kohl Honecker in Bonn empfangen.
Ein Blick in die Stasi-Akten zeige im Übrigen, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan auf ähnliche Mechanismen setze wie die DDR-Führung vor 1989. So werde unter anderem durch Verhaftungen „ein Klima der Angst erzeugt“. Und Oppositionelle würden als ausländische Agenten dargestellt. „Ich habe gerade viele Déjà-vu-Erlebnisse“, so Jahn.
Er selbst saß Anfang der achtziger Jahre wegen des Eintretens für Menschenrechte in Haft und wohnt gegenüber der Berliner Gethsemanekirche, in der täglich Gebete für den Berliner Menschenrechtsaktivisten Peter Steudtner und andere politische Gefangene in der Türkei stattfinden. „Die Gewissheit, dass sich Menschen außerhalb der Gefängnismauern um einen kümmern, ist ganz wichtig“, sagte Jahn. „Die Signale von außen sind mitentscheidend, ob man die Sache durchsteht oder nicht. Andererseits gibt es schon Momente, in denen man in der Zelle einsam verzweifelt.“ Die Faktoren Zeit und Einsamkeit und ihre Wirkung auf die Psyche seien nicht berechenbar. „Deshalb ist die Sache so schwierig. Unser Alltag ist schnell und abwechslungsreich. Aber einsam in der Zelle kann man auch ganz schnell den Boden unter den Füßen verlieren.“ (dts Nachrichtenagentur)