Erfolgreiche Prüfung von ASP-Suchhunde-Gespannen
Günzburg/Neu-Ulm/Dillingen
Die Afrikanische Schweinepest (ASP) ist auf dem Vormarsch. Es handelt sich hierbei um eine Viruserkrankung, an der Schweine und Wildschweine erkranken können und deren Verlauf in der Regel tödlich ist. Da es derzeit keine Heilmittel oder Impfstoffe gibt, stellt diese Krankheit eine sozioökonomische Bedrohung für die betroffenen Gebiete dar. Nachdem in den vergangenen Jahren nur die östlichen Länder – hier besonders Polen und Tschechien – betroffen waren, gab es nun die ersten Fälle in Deutschland. Hier waren zunächst die Grenzgebiete betroffen. Ende Mai wurde dann ein Fall bei einem landwirtschaftlichen Betrieb im Landkreis Emmendingen, in Baden-Württemberg, bestätigt.
Die Initiative ging vom Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) aus. Die Veterinärämter der Landkreise Günzburg, Dillingen und Neu-Ulm haben sich zusammengetan, um durch einen Aufruf Hunde-Mensch-Teams zu suchen, die sich zur ASP-Suche ausbilden lassen und sich nach der Ausbildung gegenüber dem LGL für 2 Jahre zu verpflichten möchten. Hier gab es dann einen ersten Termin beim Landratsamt Neu-Ulm, bei dem die ersten Informationen gegeben wurden. Hier meldeten sich drei Hundeführer aus dem Landkreis Günzburg, die gleiche Anzahl aus dem Landkreis Neu-Ulm, zwei Teams aus dem Kreis Dillingen und ein Hundeführer aus einem anderen Landkreis.
Das LGL und die Landratsämter Günzburg, Neu-Ulm und Dillingen beauftragten abermals Michaela Saiko „Mensch und Tier“ und ihr bewährtes Team für die aufwendige Ausbildung. Die Firma von Michaela Saiko ist bei der LGL als Kompetenzzentrum für die Fallwildsuche (ASP) anerkannt.
Ausbildung startete im Schwarzwildgarten
Am 12.02.2022 startete dann die Ausbildung von 9 Teams, bestehend aus einem Hund und seinem Frauchen oder Herrchens (also dem Hundeführer), im Schwarzwildgarten in Fahrnbach bei Bischofsmais im Bayerischen Wald. Auf dem Rund drei Hektar großen Schwarzwild-Übungsgatter wurde getestet, ob die Hunde auch auf Schwarzwild reagieren. Dabei erschnüffeln die Hunde nicht die Seuche an sich, sondern den Geruch toten Sauen. Es folgten dann an mehreren Wochenenden und teils an Freitagen Trainings. Dabei wurden anfangs Wildschweineschwarten verwendet, um die Hunde langsam auf die ASP zu konditionieren. Diese wurden zunächst ausgelegt und mussten vom Hund unter Ablenkung durch Leckerlis erkannt werden. Auch in Eimern mit einem kleinen Loch wurden die Tierstücke gelegt. Dann wurden die Schwarten in einen Fahrradkorb gelegt und etwas entfernt positioniert. Die Entfernungen wurden immer weiter gesteigert, bis es schließlich in die großflächige Suche gehen konnte.
Aufspüren aber nicht verbreiten
Die Spürnasen sollen dabei das infizierte Fallwild (Tierkadaver) zwar aufspüren, aber nicht weiterverbreiten. Sie müssen ihren Hundeführer darauf aufmerksam machen und zum Fundort hinführen. Dies funktioniert auf verschiedene Weisen, da auch die Hunde bei ihrer Arbeit unterschiedlich sind. Da gibt es beispielsweise sogenannte „Bringsel-Verweiser“. Der Hund trägt dabei ein Halsband, an dem z. B. ein Lederriemen, oder ein Holzstück hängt. Macht der Vierbeiner nun einen Fund, nimmt er diesen Riemen ins Maul, kommt zu seinem Zweibeiner zurück und führt ihn dann freilaufend oder an der Leine zum Kadaver.
Mensch und Tier bilden ein Team
Bei der Absuche kommuniziert der Hundeführer, der in der Ausbildung auch lernt, das Gelände zu „lesen“, immer wieder mit seinem Vierbeiner, er führt ihn, wie es die Bezeichnung schon zum Ausdruck bringt. Zum einen über Kommandos, zum anderen über Körpersprache. Es liegt dabei individuell am jeweiligen Hund, wie weit er sich bei der „Arbeit“ von seinem Hundeführer entfernt. Hierbei von Arbeit zu sprechen, mag für uns Menschen zutreffen, für den Hund ist es wie ein Spiel. Er sucht und wenn er Erfolg hat, wird der z. B. mit Leckerlis, begleitet von viel Lob, belohnt. Kann kein Fund festgestellt werden, wird dem Hund dennoch ein Erfolgserlebnis mit anschließender Belohnung gegeben. Das Gelände „lesen“ heißt zu verstehen, dass etwa eine Sonneneinstrahlung in einer Waldlichtung eine Thermik erzeugt und der Geruch eher nach oben aufsteigt oder wie Gerüche sich bei Hügeln und Senken verbreiten, wobei der Wind eine entscheidende Rolle spielt.
Anderes Verhalten als bei der Jagd
Besonders ist zudem, dass von den neun Hunden, vier Hunde bisher keine derartige oder ähnliche „Aufgabe“ hatten, ein Hund ist bei einer Rettungshundestaffel und vier sind Hunde von Jägern. Die Hunde der Jäger sollen ganz im Gegensatz zur Jagd die noch lebenden Sauen nicht aufjagen und damit die Krankheit weiterverbreiten, sondern nur den Hundeführer darauf aufmerksam machen und hinführen. Wird ein Kadaver gefunden, wird ein Bergetrupp informiert, welcher darauf geschult ist, das Fallwild fachgerecht unter entsprechenden Schutzmaßnahmen zu bergen und zu entsorgen, sowie den Fundort zu desinfizieren. Eine akribische Arbeitsweise bei der Beseitigung der Kadaver muss gewährleistet sein, da der Virus im toten Tier über mehrere Monate überleben und sich damit andere Sauen infizieren können.
Der Virus kann sogar in unseren verarbeiteten Lebensmitteln noch vorhanden sein und z. B. über einen im Wald weggeworfenen Leberkäsesemmel, welcher dann von einer Wildsau gefressen wird, auf das Tier wieder übertragen werden. Dies ist auch der Grund, warum an Autobahnparkplätzen Hinweisschilder stehen, dass auch Essensreste in den Mülleimer gehören. Infizierte Tiere bekommen hohes Fieber, suchen sich dann feuchte Stellen und verenden dann innerhalb 8 Tagen.
Wie wird abgesucht?
Das Suchgebiet wird jedem Hundeführer auf ein GPS-Gerät aufgespielt, damit am Ende gewährleistet werden kann, das Gebiet flächendeckend abgesucht zu haben. Bei der Absuche muss der Hundeführer die Windrichtung beachten. Es wird dabei nicht mit oder gegen die Windrichtung gearbeitet, sondern schräg zum Wind, damit die Hundenase die Witterung gut aufnehmen kann.
Am Ende der Ausbildung steht eine Prüfung
Kürzlich erfolgte im Waldgebiet zwischen Ichenhausen und Unterrohr die Abnahme der Prüfung, die auch die Chef-Ausbilderin Michaela Saiko begleitete. Dort musste jedes Team auf einer Fläche von 20.000 Quadratmetern zwei tote Schweine innerhalb einer Stunde finden. Die „Köder“ werden hierzu bereits am Tag davor dort platziert damit sich der Geruch des Menschen über die Stunden verflüchtigen kann. Drei Prüfer und ein Ausbilder begleiten dabei jedes Prüflings-Team. Darunter befand sich auch Dr. Manfred Enderle, Leiter Geschäftsbereich Veterinärwesen im Landratsamt Neu-Ulm, der im Gespräch die Wichtigkeit unterstrich, die Ausbreitung der ASP zu verhindern bzw. möglichst begrenzt zu halten. Los ging es im stündlichen Versatz um 7 Uhr und endete gegen 16 Uhr.
Auch Alfred und Abby haben die Aufgabe erfolgreich gelöst
Wir durften, an dem für Mensch und Hund wichtigen Tag, Alfred Lindner und seine Abby aus Oxenbronn begleiten, als sie das Erlernte bei der Prüfung unter Beweis stellen mussten. Lindner ist Jagdpächter, Jäger und Hundeführer. „Ich fühle mich als Jäger verpflichtet, bei dieser Geschichte mitzumachen, um die Landwirte und deren Betriebe zu schützen“, sagte der 63-Jährige. Sein Hund ist ein Deutsch Langhaar. Diese Rasse gilt unter Jägern als leicht zu führen, mit ruhigem und ausgeglichenem Charakter. Seine fast 7 Jahre alte Hündin hört auf den Namen Abby.
Bei der Absuche als ASP-Hund trägt Abby eine Warn-/Schutzweste an der im Gegensatz dazu, wenn sie ihr Herrchen bei der Jagd begleitet, Glöckchen angebracht sind. Damit weiß die Hündin, dass jetzt eine Suche durchgeführt wird und nicht die Jagd. Nachdem Abby also die Weste angezogen bekam und die Prüfer so weit waren, startete Linder und seine Abby mit GPS-Gerät, einem Babypuder und viel Eifer die Absuche. Zunächst ließ er aus der Dose etwas Babypuder auf den Boden fallen, um die Windrichtung zu bestimmen und damit den Ort, von dem die Suche idealerweise beginnen soll, also wo Abby am besten quer zum Wind im Kreuzverlauf suchen kann.
Das Prozedere mit dem Puder muss Linder immer wieder mal durchführen, da sich die Windrichtung immer wieder ändert. In etwa 40 Meter „Schlägen“ suchten die Beiden nun, in ständiger gegenseitiger Kommunikation, das Gelände ab. Man merkte, wie viel Freude Abby dabei hatte bei ihrer hastigen und schnellen Suche. An einem Baumstumpf zeigte sie nach einigen Minuten etwas an. Sie fing plötzlich an zu graben, ihr wegen der Prüfungssituation etwas nervöses Herrchen versuchet zu sehen, was sie da anzeigte. Doch dies war ein „Fehlalarm“, ein anderer Geruch hatte wohl das Interesse des Hundes geweckt. Die Suche ging weiter. Man verliert den Vierbeiner immer wieder aus den Augen im teils dichten Waldgebiet, nur aufgrund der Glöckchen ist zu erahnen, wo die Spürnase gerade steckt, ehe sie wieder an Lindner vorbei in die andere Richtung rennt. Sie bleibt dabei auch immer wieder kurz stehen, um zu schnüffeln. Dann war es so weit, nicht ohne Grund zeigte Abby etwas an. Sie fand den ersten „Köder“ und bekam dafür auch Lob und Leckerlis. Doch die Aufgabe war damit noch nicht ganz gelöst, denn es musste der weitere Bereich noch abgesucht werden. Doch auch dies funktionierte und der zweite „Köder“ war gefunden. Freude und Erleichterung bei Linder und Abby, die nun eine gehörige Portion Lob und Streicheleinheiten von ihrem Herrchen bekam, natürlich samt Leckerlis.
Am Ende des Tages durften alle 9 Teams ihr Zertifikat über die bestandene Prüfung entgegennehmen. Sie können nun nicht nur zu Einsätzen in den drei Landkreisen gerufen werden, sondern in ganz Bayern zur ASP-Suche eingesetzt werden.
Zu den nun folgenden Einsätzen muss weiter trainiert werden
Um den Status als ASP-Suchhund zu erhalten, muss pro halbes Jahr sechs Übungen abgehalten und nachgewiesen werden. Zudem treffen sich die Teams etwa zwei Mal im Monat zum Training. Die Hundeführer bekommen für die Tätigkeit eine Aufwandspauschale. Damit müssen aber Fahrten zu den Übungen und Einsatzorten und alles weitere in Zusammenhang mit der Tätigkeit finanziert werden. Wenn man es ernst nimmt, sind die Kosten mit der Pauschale nicht ganz gedeckt, wie die Hundeführer berichten. Man muss Spaß daran haben, wegen des Geldes macht man dies nicht, so die einhellige Meinung.