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Landratsamt Neu-Ulm erhält Fachstelle gegen Beschneidung von Frauen

Präventionsprogramm will gegen das grausame Ritual der Genitalbeschneidung vorgehen

Es ist eine archaische Tradition, die bisher nicht gestoppt werden konnte, obwohl deren Grausamkeit kaum vorstellbar ist. Mädchen und junge Frauen aus afrikanischen und orientalischen Ländern werden rituell an ihren Genitalien beschnitten, nicht selten ohne Betäubung. An den Folgen tragen die Opfer ihr Leben lang schwer – sowohl psychisch als auch physisch.

Auch im Landkreis Neu-Ulm tritt die weibliche Genitalbeschneidung – female genital mutilation (FGM) – auf. Dagegen wendet sich nun ein Präventionsprogramm, das vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales ausgeschrieben worden ist. Der Landkreis Neu-Ulm hat sich als Projektträger beworben und den Zuschlag für das Modellprojekt bekommen. Dabei ist er auch für den angrenzenden Landkreis Günzburg zuständig und arbeitet eng mit der Frauenberatung und dem Notruf der Neu-Ulmer AWO OV e.V zusammen.

Dazu wurde jetzt im Landkreis Neu-Ulm eine Fachstelle für Prävention und Beratung von FGM-bedrohten Frauen und jungen Mädchen etabliert. Die Stelle ist bei der Gleichstellungsstelle des Landratsamtes Neu-Ulm angesiedelt. Gleichstellungsbeauftragte Mirjam Keita-Schlosser und ihre Kolleginnen arbeiten dabei eng mit den bestehenden Frauenorganisationen und Frauenärztinnen und -ärzten zusammen. Das Sozialministerium fördert die einzelnen Projekte in Bayern, die wissenschaftlich begleitet werden, mit jeweils bis zu rund 50.000 Euro.

„Für mich ist es entscheidend, dass wir gemeinsam präventiv dieser grausamen Form der Menschenrechtsverletzung entgegenwirken. Umso mehr freut es mich, dass wir in Bayern erste Projekte im Bereich der Prävention starten konnten“, so Bayerns Sozialministerin Carolina Trautner. „Keine Frau und kein Mädchen soll von diesem abscheulichen Eingriff betroffen sein, der fürchterliche seelische und körperliche Schmerzen bereitet, die oft ein Leben lang anhalten – und der sogar zum Tode führen kann. Eine Veränderung können wir nur gemeinsam bewirken“, so die Sozialministerin.

Ziel ist es unter anderem aufsuchende, niedrigschwellige, vorbeugende Beratung anzubieten sowie Runde Tische zu installieren, an denen sich vor Ort Akteurinnen und Akteure beteiligen, die mit dem Thema befasst sind. Im Landkreis Neu-Ulm wird man dabei auf dem Runden Tisch zum Thema „Häusliche Gewalt“ aufbauen, der seit vielen Jahren regelmäßig stattfindet. „Neben den schon vorhandenen Netzwerkpartnerinnen und Netzwerkpartnern sind auch neue Interessentinnen und Interessenten willkommen“, sagt Mirjam Keita-Schlosser.

Darüber hinaus ist es entscheidend, das soziale Umfeld der bedrohten und betroffenen Frauen und Mädchen zu sensibilisieren. Sowohl Väter als auch Mütter nehmen eine Genitalbeschneidung bei ihren Töchtern vor. Hintergrund sind in der Kultur verankerte Gedanken der Fürsorge, dass die Tochter so später einen ehrbaren Mann findet. Doch weibliche Genitalbeschneidung stellt eine schwere Menschenrechtsverletzung dar, die nach deutschem Recht unter Strafe gestellt ist, selbst wenn diese im Ausland vollzogen wird.

Schätzungen zufolge gibt es derzeit über 70.000 Frauen in Deutschland, die von weiblicher Genitalbeschneidung betroffen sind sowie 15.000 Mädchen, die davon bedroht sind. In Fachkreisen wird von einer Dunkelziffer ausgegangen, die diese Zahlen bei weitem übersteigt.

Nähere Auskünfte zur neu eingerichteten Fachstelle Wemufra (Weg der mutigen Frau) gibt es bei der Gleichstellungsstelle des Landratsamts Neu-Ulm: Telefon: 0731/7040 -1025, E-Mail gleichstellungsbeauftragte@lra.neu-ulm.de

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