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SPD-Mitglieder billigen Koalitionsvertrag mit der Union

Eine klare Mehrheit der SPD-Mitglieder hat für den Koalitionsvertrag mit CDU und CSU gestimmt.

Das teilte der Chef der Mandatsprüfungs- und Zählkommission, SPD-Schatzmeister Dietmar Nietan, am Sonntagmorgen im Willy-Brandt-Haus in Berlin mit. Demnach votierten beim Mitgliederentscheid 66,02 Prozent für die GroKo, 33,98 Prozent dagegen.

Von den 463.723 stimmberechtigten Mitgliedern beteiligten sich 78,39 Prozent. Allein seit Neujahr waren bis zum Stichtag am 6. Februar 24.339 Neumitglieder in die SPD eingetreten – sie machten über fünf Prozent der Wahlberechtigten aus. Der kommissarische SPD-Chef Olaf Scholz zeigte sich erleichtert.

„Wir haben jetzt Klarheit, die SPD wird in die nächste Bundesregierung eintreten“, sagte Scholz im Willy-Brandt-Haus.

Ex-SPD-Chef Schulz begrüßt Abstimmungsergebnis

Martin Schulz
Früherer SPD-Vorsitzende Martin Schulz. Foto: dts Nachrichtenagentur

Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hat die Zustimmung der Parteibasis zur Großen Koalition begrüßt. „Ich bin froh über das Ergebnis“, sagte Schulz der „Süddeutschen Zeitung“. Es könne Deutschland und Europa nach vorne bringen und die SPD stärken.

Schulz hatte den Koalitionsvertrag, über den die SPD-Mitglieder abgestimmt haben, als Parteivorsitzender entscheidend mitverhandelt. Danach hatte er auf den Parteivorsitz verzichtet, um als Außenminister ins Kabinett zu wechseln. Dies traf in der Partei auf Unmut, weil Schulz am Tag nach der Bundestagswahl gesagt hatte, er werde nicht in ein Kabinett unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) gehen.

Wegen der Kontroverse verzichtete Schulz auf einen Eintritt in die Regierung.

CDU begrüßt Ergebnis von SPD-Mitgliederentscheid

CDU-Logo
Foto: dts Nachrichtenagentur

Die CDU hat sich erfreut über das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids gezeigt. Sie freue sich über die breite Zustimmung der SPD-Mitglieder zum Koalitionsvertrag, schrieb CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer am Sonntagvormittag auf Twitter. Es sei eine „gute Entscheidung für Deutschland“.

Mit dem positiven Mitgliederentscheid hätten sich „nach CDU und CSU auch die Sozialdemokraten bereit erklärt, Verantwortung für unser Land in einer gemeinsamen Regierung zu übernehmen“. Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zeigte sich erfreut über das Ergebnis: „Ich gratuliere der SPD zu diesem klaren Ergebnis und freue mich auf die weitere Zusammenarbeit zum Wohle unseres Landes“, wird Merkel auf dem Twitter-Account der CDU zitiert. Die SPD-Mitglieder hatten mit rund 66 Prozent für den Koalitionsvertrag gestimmt.

Gabriel: „Auf die Mitglieder der SPD ist Verlass“

Sigmar Gabriel
Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Foto: dts Nachrichtenagentur

Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat die Billigung einer neuen Großen Koalition durch die SPD-Mitglieder gewürdigt. „Wie vor vier Jahren ist ein solcher Mitgliederentscheid ein Fest der innerparteilichen Demokratie“, sagte Gabriel der „Welt“ (Montagsausgabe). „Und wie schon vor vier Jahren: Auf die Mitglieder der SPD ist Verlass.“

Die SPD-Mitglieder ließen sich „nicht erschrecken oder entmutigen“. Das gelte für die Befürworter der Regierungsbeteiligung wie für deren Gegner. „Es war eine wirklich respektvolle Diskussion“, sagte der frühere SPD-Vorsitzende.

„Ich war mir aber wie vor vier Jahren immer sicher, dass die große Mehrheit unserer Mitglieder unser Land gut und stabil regiert wissen will. Und dass sie wissen, dass das mit der SPD weit besser geht für die Menschen in Deutschland als ohne.“

Göring-Eckardt: SPD-Mitgliedervotum „der Angst geschuldet“

Malu Dreyer
Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Foto: dts Nachrichtenagentur

Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt hat das SPD-Mitgliedervotum nicht als Rückhalt für die Große Koalition gewertet. Das Ergebnis sei „weniger Ausdruck der Überzeugung, dass eine neue GroKo gut für Deutschland ist, sondern vielmehr der Angst geschuldet, dass ein Nein die SPD in eine lebensbedrohliche Krise gestürzt hätte“, sagte Göring-Eckardt den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Montagsausgaben). Den Koalitionsvertrag bezeichnete sie als „ambitionslos“.

Rund 66 Prozent der SPD-Mitglieder hatten für den Koalitionsvertrag gestimmt.

SPD-Vize Dreyer will GroKo-Gegner einbinden

Die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer hofft, dass die Gegner einer Großen Koalition unter den SPD-Mitgliedern sich nicht von der Partei abwenden. „Es ist mein großer Wunsch, dass diejenigen, die nun vielleicht enttäuscht sind über die Entscheidung, die sich aber mit großer Kraft in die Debatte eingebracht haben, jetzt mit der gleichen Energie an der Erneuerung der Partei mitarbeiten“, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Dass rund ein Drittel der SPD-Mitglieder gegen eine Neuauflage des Bündnisses mit der Union gestimmt hat, sieht Dreyer nicht als Abrechnung mit der Parteispitze: „Es gab mit 78 Prozent eine höhere Wahlbeteiligung als das letzte Mal. Das zeigt, dass wir eine sehr lebendige Partei sind, deren Mitglieder konstruktiv und mit großer Leidenschaft diskutieren.“ Die zukünftigen Minister hätten nun ein starkes Votum der Partei im Rücken. Wer das sein wird, wollte die SPD-Vizevorsitzende nicht verraten.

Die SPD werde ihr Personaltableau „zeitnah“ vorstellen: „Die Verkündung der Minister verzögert ja nicht den Tag, an dem die Bundeskanzlerin gewählt werden soll. Da können die Bürger ganz sicher sein“, sagte Dreyer. Ziel der SPD in einer künftigen Großen Koalition müsse sein, dort, wo es Differenzen gibt, diese auch deutlich zu machen.

„Wenn wir parallel dazu auch die Erneuerung der Partei nicht aus den Augen verlieren, dann können wir wieder zu einer starken linken Volkspartei heranwachsen“, sagte Dreyer.

Hofreiter: Union und SPD werden Modernisierung verschlafen

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter hat mit Kritik auf das Ergebnis des SPD-Mitgliederentscheids für eine Große Koalition aus Union und SPD reagiert. „Es ist gut, dass die Hängepartie endlich ein Ende hat. Klar ist aber auch: Mit dieser Großen Koalition wird es keinen Aufbruch geben“, sagte Hofreiter der „Rheinischen Post“ (Montagsausgabe).

Die „träge schwarz-rote Schlummerpolitik“ gehe in die nächste Runde. „Die Herausforderungen unserer Zeit werden nicht angegangen: mit der Großen Koalition gibt es keinen konsequenten Klimaschutz, keinen fixen Kohleausstieg, keinen Einstieg in den grünen Verkehr der Zukunft“, sagte Hofreiter. Union und SPD würden die Modernisierung Deutschlands verschlafen, sagte der Grünen-Politiker.

FDP-Chef Lindner: „Deutschland tritt auf der Stelle“

Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner. Foto: dts Nachrichtenagentur

FDP-Chef Christian Lindner ist nach eigenen Angaben nicht überrascht über den Ausgang des SPD-Mitgliedervotums. „Zwei Drittel des Koalitionsvertrages tragen die Handschrift der SPD, da ist es keine Überraschung, dass die Partei zustimmt“, sagte er dem „Handelsblatt“ (Montagsausgabe). Allerdings habe man an den kontroversen Debatten innerhalb der SPD auch gesehen, dass sich einige mehr Erneuerung gewünscht hätten.

Bei der Abstimmung über den Eintritt in eine Große Koalition mit CDU und CSU hatten sich 66 Prozent der Sozialdemokraten dafür ausgesprochen. Ein Drittel stimmte dagegen. Den Mitgliederentscheid als solchen lobte Lindner.

„Diese Lebendigkeit der innerparteilichen Demokratie hat mich beeindruckt. Die hohe Beteiligung und die intensive Debatte sind für die Weiterentwicklung der gesamten Parteienlandschaft sehr wichtig.“ Die FDP werde nun die Rolle der Opposition annehmen und da, wo es notwendig sei, Veränderungen anmahnen, so Lindner.

Er warf der CDU vor, bei der Verhandlung des Koalitionsvertrags zu viele Opfer gebracht zu haben. „Diese programmatische Opferbereitschaft der CDU führt dazu, dass das Land auf der Stelle tritt“, kritisierte Lindner. Wohlstand werde umverteilt, die Regierung verliere sich im bürokratischen Klein-Klein.

Der große Wurf lasse auf sich warten. Dennoch geht er davon aus, dass die Große Koalition vier Jahre hält. Kritik übte Lindner an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). „Frau Merkel ist mit ihrer Methode, Widersprüche nicht zu entscheiden, sondern mit Geld zuschütten zu wollen, nach zwölf Jahren gescheitert.“ Lindner erwartet in den kommenden Jahren Kurskorrekturen bei den Koalitionsvereinbarungen. „An allen Stellen wird sichtbar werden, dass es überall vorangeht, nur nicht bei uns“, so Lindner. Konkret nannte er Steuerentlastungen für Bürger und Betriebe und Fortschritte beim Freihandel. Auch bei der Digitalpolitik sieht er Korrekturbedarf „Dass wir ein Heimatministerium statt eines Digitalisierungsministeriums erhalten, wird in den nächsten Jahren ein drängendes Problem werden“, so Lindner.

Politologe Falter lobt Pro-GroKo-Entscheidung der SPD-Basis

Der Politologe Jürgen Falter hat die Pro-GroKo-Entscheidung der SPD-Basis gelobt. „Dies ist ein guter Tag für die Bundesrepublik, weil wir eine stabile Regierung bekommen. Es ist auch ein guter Tag für die SPD, weil sie sich zusammengerauft hat“, sagte Falter der „Heilbronner Stimme“ (Montagsausgabe).

„Die Entscheidung ist gut für die SPD. Sie kann nun regieren und auch auf ihre Erfolge in den Koalitionsverhandlungen verweisen.“ Wenn man sich den Vertrag genau anschaue und ihn aus den Augen der SPD betrachte, „dann tragen etwa 70 der Positionen die Handschrift der Sozialdemokraten, aber nur 30 Prozent die der Union“.

Auch bei der Verteilung der Ministerien habe die SPD einen gewaltigen Schritt nach vorne gemacht. Zur Rolle des Juso-Chefs Kevin Kühnert sagte Falter, dass man diesen nicht überschätzen sollte. „Er hat zwar die Opposition aus den Jusos heraus angeführt, aber die SPD besteht eben nicht nur aus den Jusos.“

Hinsichtlich seiner persönlichen Zielsetzung sei das Ergebnis des Votums eine Niederlage für ihn. „Aber er hat seinen Bekanntheitsgrad enorm erhöht und zugleich an seiner politischen Zukunft in der Partei gebastelt.“ Für Andrea Nahles sei der Weg nun frei in den Parteivorsitz.

Auf die Frage, ob die neue Regierung nun ruckelfrei kommt, sagte der Politologe: „Ja natürlich. Die Mehrheit für Merkel steht. Bundespräsident Steinmeier wird sie dem Bundestag vorschlagen, sie wird im ersten Wahlgang gewählt werden, daran zweifle ich nicht im geringsten. Mitte März werden wir eine neue Regierung haben.“

(dts Nachrichtenagentur)

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