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Sonderausstellung des Bezirks Schwaben: Heimatfront Kinderzimmer

Wie die Kriegspropaganda im Ersten Weltkrieg Einzug in den Kinderalltag hielt. Die Sonderausstellung des Bezirks Schwaben in Schloss Höchstädt vom 1. April bis 9. Oktober 2016 regt durch einen Blick auf die Geschichte des Kriegsspielzeugs zum Nachdenken über die Gegenwart an und fragt: Alle spielen Krieg, wie spielt man eigentlich Frieden?

Gegensätze ziehen sich an?

„Der Begriff des Kriegs-Spiels lässt sich an Obszönität kaum überbieten, bedeutet das Eine doch Gewalt, Tod und entsetzlicher Schrecken, dass Andere die freie Entfaltung nach lustvoller eigener Vorgabe. Doch gerade an diesem Paradoxon entfaltet sich seit Jahrtausenden eine Kultur, die das Schreckliche bannt, verdrängt, symbolisiert, darstellt und in Technik umwandelt.“ Dieses Zitat von Martin Warnke aus dem Aufsatz „Computer-Kriegs-Spiele“ fasst das Spannungsfeld, in dem sich diese Ausstellung bewegt, gut zusammen. Krieg und Kindheit, das sind in unserer Vorstellung Themen, wie sie nicht weiter voneinander entfernt sein könnten. Die nicht zusammenpassen, die nichts miteinander gemein haben und dies um Himmels Willen auch nicht sollen. Doch Kinder spielen mit Freude und Begeisterung Krieg, haben dies schon vor langer Zeit getan und werden es auch in Zukunft tun. „Diesem scheinbar unauflösbaren Gegensatzpaar und einem Teil seiner Geschichte widmet sich unsere Ausstellung, in der Kriegsspielzeug und Krieg spielen weder verteufelt, noch verherrlicht wird“, betont die Kuratorin Stefanie Kautz. „Mit unserer kind- und familiengerecht zusammengestellten Schau möchten wir vielmehr durch einen Blick auf die Geschichte zum Nachdenken über die Gegenwart anregen“, unterstreicht Stefanie Kautz. „Und wir fragen auch: Alle spielen Krieg, wie spielt man eigentlich Frieden?“

Gestern…

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Ausstellungsplakat „Heimatfront Kinderzimmer“. Foto Bezirk Schwaben

Im Kaiserreich und unter dem Regime des Nationalsozialismus wurden Spielzeug und Kinderliteratur in den Dienst einer Erziehung zu Nationalismus und Kriegsbegeisterung gestellt. Von besonderer Bedeutung war dabei jene Propaganda, die auf den ersten Blick nicht als solche wahrgenommen wurde. Dies waren scheinbar harmlose Gegenstände für Kinder, wie Schul- und Kinderbücher, Anstecknadeln oder Kartenspiele, die unauffällig und daher unhinterfragt politische Ideen in die Köpfe und Herzen pflanzten. „Ihre Sprengkraft versteckte sich hinter ihrer Fassade der Kindlichkeit und Banalität“, erklärt Stefanie Kautz. „Darüber hinaus nahmen sie den herrschenden Zeitgeist, die allgemeine Stimmung perfekt auf und setzten sie für die Zielgruppe um. Ein Anliegen, das damals die meisten Menschen eher befürwortet, als abgelehnt hätten“, weiß die Ausstellungsmacherin.

Der Erste Weltkrieg gilt als der erste moderne Propagandakrieg: Sämtliche Kommunikationsmedien wurden in Anspruch genommen, um die Bevölkerung in der Heimat für den Krieg einzunehmen. Dies gilt für alle beteiligten Mächte. Für Deutschland und Österreich ebenso wie für Frankreich und England. Zu den Zielgruppen zählten auch Kinder und Jugendliche, Jungen ebenso wie Mädchen.

Heimatfront Kinderzimmer

An Spielzeug und Büchern lässt sich nachvollziehen, wie tief der Krieg in den kindlichen Alltag eingriff. „Der Militarismus, der im Alltag des Deutschen Kaiserreichs gang und gäbe war, ist uns heute fern gerückt“, sagt Stefanie Kautz. Dem Zeitgeist entsprechend gehörte Kriegsspielzeug schon lange vor Kriegsbeginn zum festen Repertoire der Hersteller. Diese Tendenz verstärkte sich noch mit dem Kriegsausbruch. Da die Exporte ins nunmehr feindliche Ausland fehlten, mussten die Spielwarenhersteller ihren inländischen Absatz forcieren.

Schon vor dem Ersten Weltkrieg existierten patriotische Erziehungskonzepte. Mit Kriegsausbruch wurden diese zum Lernziel erklärt und die schulischen Rahmenlehrpläne umgestellt. Die Schule sollte einen Beitrag zur National- und Wehrerziehung der Kinder leisten. Nationalstolz, Loyalität zum Vaterland und Kaisertreue sowie eine positive Einstellung zum Krieg und Verständnis für die Kriegsziele sollten geweckt werden. Auch die Vermittlung von Feindbildern und die Erziehung zu Gehorsam, Zucht und Ordnung gehörten zum Bildungskanon. Frauen und Kinder galten als Soldaten des Hinterlandes, die an der „Heimatfront“ mitkämpften. Persönlicher Verzicht, Opfer, Sparsamkeit und Teilnahme an gemeinnützigen Aktivitäten standen dabei im Mittelpunkt.

…und heute?

Wilde Piraten schwingen ihre Säbel, edle Ritter zücken ihr Schwert, die Parteien liefern sich eine erbitterte Schlacht. Auch heute noch verwandeln Kinder sich gerne in tapfere Helden, bringen finstere Schurken zur Strecke und haben Spaß an Schwertern, Spielzeugwaffen, Kampf und kriegerischem Spiel. „Alles schlecht, alles falsch oder doch normal, wichtig und richtig? Gehört das Spiel mit Gewalt, Macht und Aggression zur normalen Entwicklung eines Kindes dazu, oder macht eine Pistole etwa schon einen Revolverhelden“, fragt die Kulturwissenschaftlerin Stefanie Kautz. „Haben Waffen im Kinderzimmer nichts verloren und sollte man Kinder davor schützen, solche Themen ganz von ihnen fernhalten?“

„Kriegskinder – Begegnungen heute“

Vom Spiel in die Realität geholt wird das Thema durch die Ausstellung „Kriegskinder – Begegnungen heute“ des Anne-Frank-Zentrums Berlin, die als „Ausstellung in der Ausstellung“ präsentiert wird.

60 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs veranstaltete das Anne-Frank-Zentrum zu diesem Thema einen bundesweiten Wettbewerb. Durch ihn wurden Jugendliche auf Menschen in ihrem Umfeld aufmerksam, die als Kinder Krieg erlebt hatten: Auf ältere Menschen, deren Kindheit in die Zeit des Zweiten Weltkriegs fiel und junge Menschen, die erst vor kurzem vor einem Krieg geflohen sind. Die Ausstellung präsentiert sieben von einer Jury mit Preisen ausgezeichnete Beiträge. Sieben Geschichten erzählen von zwischenmenschlichen Begegnungen und der Annäherung an die Erfahrungen des Anderen. Dabei wird der persönliche Charakter sowohl der Erinnerungen als auch ihrer Schilderung durch die Jugendlichen beibehalten.





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