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Polizeipräsident Strößner: „Missbrauch von Alkohol belastet polizeiliche Einsatzkräfte“

Der Missbrauch von Alkohol sorgt auch im Bereich Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West – zuständig für die Landkreise Neu-Ulm, Günzburg, Lindau, Unter-, Ober- und Ostallgäu, sowie die kreisfreien Städte Kaufbeuren, Kempten und Memmingen – immer wieder zu Einsätzen der Polizei.

Der Vorfall in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in Nördlingen (Lkr. Donau-Ries, Polizeipräsidium Schwaben Nord in Augsburg) zeigt auf, dass Polizeibeamte stets der Gefahr von Übergriffen ausgesetzt sind. Hier griff ein Betrunkener die Polizei mit einem Messer an. Der Polizeipräsident des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West verweist auf die Statistik, und ergänzt, dass nicht selten ein verantwortungsloser Alkoholgenuss die Polizeiarbeit erheblich erschwert und für alle Einsatzkräfte ein deutlich erhöhtes Risiko darstellt.

Regelmäßig, und nicht nur nachts an Wochenenden, werden die Beamtinnen und Beamte des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West mit Einsätzen konfrontiert, bei denen die Beteiligten teils erheblich unter Alkoholeinfluss stehen.

Die Bandbreite reicht von Ruhestörungen über hilflose Personen, die zu ihrem eigenen Schutz in Gewahrsam genommen werden müssen, bis hin zu Gewaltdelikten mit teils gravierenden Folgen, oder psychischen Ausnahmezuständen die eine Unterbringung in einem Bezirkskrankenhaus nötig werden lassen. Im laufenden Jahr registrierte das Polizeipräsidium knapp 6.000 derartiger Einsätze, bei denen mindestens ein Beteiligter unter Alkohol- oder Drogeneinfluss stand.

„Nicht selten führen derartige Einsätze zu Anfeindungen und Übergriffe gegen Polizeibeamte oder andere Einsatzkräfte.“ Aus dieser Erfahrung heraus weiß Polizeipräsident Werner Strößner, dass „bei starker Alkoholisierung selbst dann Personen die Konfrontation mit der Polizei suchen, die das im nüchternen Zustand keinesfalls tun würden. Ein zielführender Dialog ist in diesen Fällen kaum mehr möglich.“

Die statistische Erhebung zur Gewalt gegen Polizeibeamte untermauert diese Problematik. Demnach sind im vergangenen Jahr 625 Straftaten zum Nachteil von Polizeibeamten begangen worden. Dies stellt eine besorgniserregende Steigerung von rund 13 Prozent zum Wert von vor fünf Jahren (2012) im Schutzbereich dar.

Etwa 3/4 aller Polizisten des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West waren 2016 von einer Straftat während ihrer Dienstausübung betroffen. Verbale Angriffen waren gefolgt von Körperverletzungsdelikte und Widerstandshandlungen die meisten registrierten Taten gegen Polizeibeamte in ihrer Dienstausübung. Erstmals seit Einführung dieser Statistik vor sieben Jahren gab es glücklicherweise keinen schwer verletzten Beamten; dennoch wurden im vergangenen Jahr 164 Beamte durch Übergriffe verletzt.

Besorgniserregend ist die Tatsache, dass in zehn Prozent der Übergriffe gar keine polizeiliche Maßnahme vorausging, die Polizisten also völlig grundlos und teilweise unerwartet Opfer wurden bzw. die Angriffe von bis zu diesem Zeitpunkt unbeteiligten Personen ausgingen.

Über 2/3 der Tatverdächtigen standen bei ihrer Gewaltausübung gegen Polizisten unter Einfluss von Alkohol oder Drogen.

So wurden Beamte im August in Babenhausen (Lkr. Unterallgäu) von einer Frau während ihrer Gewahrsamnahme angegriffen und bespuckt. Sie versuchte die Beamten mit Tritten und Kopfnüssen zu verletzen und überzog sie mit Beleidigungen und Todesdrohungen. Die Frau wies einen Wert von knapp drei Promille auf.

Im April wurden Beamte zunächst zu einem Verkehrsunfall nach Schwangau (Lkr. Ostallgäu) gerufen. Allerdings hatte sich die Verursacherin vor Eintreffen der Polizei in eine Kneipe begeben und versuchte einer Beamtin ins Gesicht zu treten, als ihre Fahrtauglichkeit festgestellt werden sollte. Später leistete sie bei der ärztlich durchzuführenden Blutentnahme erheblichen Widerstand, trat einem Beamten in die Genitalien und einer weiteren Beamtin in den Bauch. Einem Beamten fügte sie eine Bisswunde zu, so dass er vorübergehend dienstunfähig wurde. Die Autofahrerin war mit über vier Promille alkoholisiert.

Ein weniger folgenschwerer, dafür alltäglicher Vorfall, stellt beispielhaft ein Geschehen im September in Günzburg dar: Plötzlich und unerwartet drehte sich ein Mann um, dessen Identität nach einer Rangelei festgestellt werden sollte und versuchte einem Beamten ins Gesicht zu schlagen. Gegen seine folgende Fixierung wehrte sich der Mann erheblich und trat später – im Streifenwagen sitzend – gegen den Oberschenkel eines Beamten. Der Grund des Verhaltens könnte in der Alkoholisierung von über 1,2 Promille liegen. Ein Beamter wurde dabei leicht verletzt.

Dass der unangemessene Konsum von berauschenden Mitteln nicht nur ein Problem der Polizei ist, sondern viele Opfer von Straftaten überproportional betrifft, unterstreichen Zahlen aus der Kriminalstatistik.

Daraus geht hervor, dass knapp 13 Prozent der Tatverdächtigen aller Straftaten im Schutzbereich unter Alkoholeinfluss standen (Gesamtkriminalität). Bei genauer Betrachtung der Deliktsstruktur fällt aber auf, dass beispielsweise die alkoholisierten Tatverdächtigen im Bereich der gefährlichen Körperverletzung mit über 40 Prozent einen überproportional hohen Anteil haben. Auch die Gruppe der Sachbeschädigungen auf Straßen, Wegen und Plätzen zeigt sehr deutlich auf, dass durch die enthemmende Wirkung von Alkohol zusätzliches Konfliktpotenzial entsteht, da hierbei über 43 Prozent aller ermittelten Tatverdächtigen unter Alkoholeinfluss standen.

Zudem sieht sich die Polizei mit zunehmend hohen Promillewerten konfrontiert, die nicht nur bei Erwachsenen festgestellt werden.

So stellten die Beamten im Juni in Krumbach (Lkr. Günzburg) bei einem 16-Jährigen 1,7 Promille fest. Eine ärztliche Behandlung war zwingend notwendig. Dieser versuchte sich der Jugendliche mehrmals durch Flucht und Herausziehen der Infusionsschläuche zu entziehen und band dadurch deutlich mehr Krankenhauspersonal und Polizeibeamte.

Ebenfalls im Juni stellten Beamte in Oberstdorf (Lkr. Oberallgäu) drei 15-jährige Jugendliche fest, die Werte von 0,5 bis 1,3 Promille aufwiesen. Eine 13-Jährige hatte sogar über 1,3 Promille im Atem. Den Alkohol hatten sie zuvor von einem 19-Jährigen erhalten, der einen sogenannten „Stellvertreterkauf“ tätigte.

Knapp 1,5 Promille hatte ein 14-Jähriger, der im September an die Pkw-Schlüssel seiner Eltern gelangt war und eine „Spritztour“ unternahm. Schließlich kam er bei Babenhausen (Lkr. Unterallgäu) von der Fahrbahn ab und landete mit dem Wagen in einem rund sechs Meter tiefer gelegenen Grundstück. Insgesamt richtete er einen Sachschaden von mehreren zehntausend Euro an, da neben dem Fahrzeug auch Gebäudeteile beschädigt wurden. Glücklicherweise blieben der betrunkene Jugendliche und andere Verkehrsteilnehmer unverletzt.

„Polizeibeamtinnen und -beamten, aber auch alle anderen Rettungskräfte, setzen sich jeden Tag für unsere Sicherheit ein und müssen sich dabei der Herausforderung Alkohol stellen. Bei betrunkenen Personen ist oft ein Kontrollverlust festzustellen, der für die Beamten ein unkalkulierbares Risiko darstellt“, so Polizeipräsident Werner Strößner.

Er hebt hervor, „dass die Bewältigung dieser schwierigen Einsätze ohne schwerwiegende Folgen bleibt, und zwar sowohl für die Betroffenen als auch die Polizeibeamten, ist in erster Linie das Verdienst des professionellen und besonnenen Einschreitens der Kolleginnen und Kollegen.“

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